Wie können wir mit unseren Kindern über den Krieg sprechen?

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Als Eltern möchten wir unsere Kinder beschützen. Vom Schlechten fern halten, mit ihnen lachen und unbeschwert in die Zukunft schauen. Doch nun greift Russland die Ukraine an. Dieser Krieg ist weniger als 20 Fahrstunden von uns entfernt und schreckliche Realität. Es ist schwer möglich, unsere Familie in einer rosa Blase abzuschirmen. Selbst wenn wir tagelang keine Nachrichten schauen und das Handy ausmachen: Ab einem bestimmten Alter kriegen Kinder auch in der Schule oder von Freunden mehr mit, als uns manchmal lieb ist. Wir haben Mitleid und machen uns Sorgen.

Eine Bekannte hat mir erzählt, dass ihre jugendlichen Söhne durch die Videoplattform TikTok informiert sind. Von einer Mutter habe ich erfahren, dass ihre 13-jährige Tochter zu Hause erzählt, dass in ihrer Klasse Kinder aus Russland gemobbt werden. Man hört auf, mit diesen Kollegen zu reden. Ihnen wird die Schuld am Leid gegeben. Weil es manchmal einfacher ist, wenn Probleme ein Gesicht haben, an dem wir unseren Frust abladen können. Was können wir tun? Wie können wir von Anfang an gegensteuern, dass unsere Kinder sich nicht an solchen Aktionen gegen andere Nationalitäten beteiligen? Wie reden wir mit unseren Liebsten über Krieg?

Yakari-Collage

Auf meinem Blog habe ich schonmal geschrieben, dass Kinder ein Recht auf eine unbeschwerte Kindheit haben und nicht alles wissen müssen. Deswegen ist ein gewisser Abstand zur täglichen Tagesschau sicher von Vorteil. Doch was ist, wenn sie doch mehr mitbekommen, als wir möchten? Schon häufig habe ich mich dabei ertappt, dass ich meinen Kindern gesagt habe, dass sie keine Angst haben brauchen, obwohl ich selbst zeitweise unsicher bin. Unsere Liebsten haben häufig jedoch sehr feine Antennen. Somit sollten wir versuchen, altersgerecht, authentisch und sachlich mit unserer Familie zu reden. Trotzdem brauchen unsere Kinder ein sicheres Gefühl und Hoffnung.

Wie wir mit unseren Kinder reden, hängt vom Alter und natürlich auch etwas vom Typ des Kindes ab.

Wir greifen das Thema von uns aus zu Hause gar nicht auf. Doch kommt es vor, dass sie etwas mitbekommen. Zum Beispiel heute –  durch das zufällige Mithören einer WhatsApp Sprachnachricht, welche mir eine Freundin geschickt hat. Oder durch weinende Eltern von Freunden unserer Kinder, die von ihrer Verwandtschaft in der Ukraine erzählen.

Unser Ziel sollte sein, dass wir unseren Kindern Halt geben und sie nicht überfordern.

In einem Buch über Grundschulwissen im Regal unserer Kinder ist eine Seite über Krieg enthalten. Als unsere Kinder jünger waren, haben wir das ungefähr so erklärt: „Manchmal streiten sich Menschen ganz doll. Das ist wirklich traurig. Es ist schön, wenn man sich schnell wieder verträgt.“

Pusteblume - Löwenzahn

Natürlich können wir so nicht mit einem 13-Jährigen diskutieren.

Eltern von Teenies erzählen mir, dass es manchmal ganz spannend ist, wenn ihre Töchter und Söhne ihre Sicht schildern. Häufig sind sie überrascht, wie gut der Nachwuchs über Hintergründe informiert ist.

Jugendliche möchten gern auf Augenhöhe reden und ernst genommen werden. Doch unsere Kinder haben bereits durch die Pandemie gelitten und mögen sich in ihrer Fantasie manchmal das Worst-Case-Szenario vorstellen. Denn sie wissen: Im Gegensatz zum Spiel auf der Nitendo Switch ist das, was gerade auf der Welt passiert, das echte Leben.

Ich weiß noch, dass ich als Grundschülerin häufig durch schlimme Bilder in gewissen religiösen Kinderbüchern schlecht einschlafen konnte. Dabei ging es manchmal um andere Themen als Krieg, die mich aber trotzdem belastet haben. Zum Beispiel wie Gott Menschen in der Sintflut ertränkt hat. Ein Motiv aus meinem gelben Buch hatte ich immer wieder vor Augen: Wie eine Mutter ihr Baby weinend nach oben gehalten hat. Damit es so lange wie möglich über Wasser bleibt. Diese Szene ging mir kaum mehr aus dem Kopf, weil ich wusste, dass das zarte Kind nur kurz auf der Welt war und trotzdem keine Chance hatte. Generell war ich sensibel und hatte Mitleid mit Tieren und Menschen.

Das zeigt, dass wir – so weit es uns möglich ist – dafür sorgen können, dass unsere Kinder so wenig beängstigende Bilder sehen wie möglich. Außerdem ist es wichtig zu verstehen, dass unser Gehirn negative Nachrichten als Gefahr einstuft, so dass unser Körper in Alarmbereitschaft versetzt wird. Besonders sensible Kinder und Jugendliche spüren einen erhöhten Stresspegel oder sogar beklemmende Gefühle.

Jakobsberg mit Kindern - Elischeba Wilde

Es gibt auch Kanäle mit Kindernachrichten, die Politik ohne schreckliche Aufnahmen erklären.

Wenn ich mir Sorgen um die Zukunft mache, dann rede ich darüber mit meinen Freundinnen oder mit Pierre. Aber nicht mit meinen Kindern.

Generell finde ich, dass es beim Thema Krieg besser ist, weniger zu erzählen, als zu viel. Kinder brauchen von ihren Eltern Sicherheit. Trotzdem können wir authentisch sein. Es ist in Ordnung, auch mal zuzugeben, dass man nicht allwissend ist. Doch wie wäre es, zu schauen, ob man etwas für andere tun kann? Wenn wir Leid sehen, mögen wir überlegen, wo und wie wir helfen können.

Zum Beispiel können wir bei Ärzte ohne Grenzen, dem Deutschen Roten Kreuz, der Caritas, den Maltesern, für Unicef, der Ukraine-Hilfe Berlin oder anderen gemeinnützigen Vereinen Geld spenden. Hier gilt es zu schauen, bei welcher Organisation man das beste Gefühl hat.

Ihr habt ein großes Haus oder eine freie Ferienwohnung und möchtet für ein paar Wochen Menschen aus der Ukraine aufnehmen? Hier könnt ihr euch auf dieser Website eintragen. 

Unicef bietet hier einen Artikel mit weiteren Tipps, wie ihr mit Kindern über den Krieg sprechen könnt.

Außerdem erinnere ich mich an die Worte von Astrid Lindgren. Ein Ausschnitt aus ihrer Rede „Niemals Gewalt“ aus dem Jahr 1978:  

„Die jetzt Kinder sind, werden ja einst die Geschäfte unserer Welt übernehmen, sofern dann noch etwas von ihr übrig ist.

Sie sind es, die über Krieg und Frieden bestimmen werden und darüber, in was für einer Gesellschaft sie leben wollen.

In einer, wo die Gewalt nur ständig weiterwächst, oder in einer, wo die Menschen in Frieden und Eintracht miteinander leben. Gibt es auch nur die geringste Hoffnung darauf, daß die heutigen Kinder dereinst eine friedlichere Welt aufbauen werden, als wir es vermocht haben?“

Blumen an der Rezeption - Klostergut Jakobsberg

Einen Punkt, den ich persönlich ganz wichtig finde: Du kannst als Mutter oder Vater nicht deinen Kindern helfen, wenn du selbst den Boden unter deinen Füßen komplett verlierst.

Also achte auf deine Gedanken, deine Gefühle und auch auf dich. Mein Motto: „Nur wer für sich selbst sorgt, hat auch genug Kraft, für seine Familie da zu sein.“

Es gibt gute Kinderbücher, welche zeigen, wie wir mit Angst umgehen können. Diese können Kindern ebenfalls Halt geben. Der Sohn einer Freundin schläft bei Albträumen im Bett seiner Eltern. Er ist bereits 12 Jahre alt. Doch ich finde diese Nestwärme sehr wichtig. Unsere Kinder brauchen gute Wurzeln, um in dieser Welt zurechtzukommen. Lasst uns immer für sie da sein, wenn sie traurig sind und lasst uns ihre Sorgen ernst nehmen.

Landschaft Düne auf Wangerooge

Trotz allem können wir schöne Momente suchen. Mehr zusammenhalten. Frieden vorleben. Wie wäre es, wenn wir jeden Tag aufschreiben, wofür wir dankbar sind?

Können wir uns auf schöne Hobbys konzentrieren? Wie wäre es, wenn wir Freunde einladen, die Trost spenden? Außerdem gilt immer: Lachen ist die beste Medizin. Bei all den vielen negativen Nachrichten, die auf uns einströmen, dürfen wir auch mal ganz bewusst eine Komödie einschalten oder lustige Comics lesen. Das hilft dabei nicht verrückt zu werden.

Probleme in der Welt können wir nicht dauerhaft mit der Energie lösen, mit der sie entstanden sind. Angst können wir mit Vertrauen begegnen. Wer Schüler aus Russland in seiner Klasse hat, kann zeigen: Wir beweisen, dass Liebe stärker ist als Hass. Wir halten zusammen und uns ist es egal, aus welchem Land jemand kommt.

Man kann Wunden nicht heilen, indem man die verletztenden Gedanken weitergibt. Wunden heilen wir mit Vergebung. Durch Mitgefühl. Wenn wir uns in die Arme nehmen und wissen, dass wir alle Menschen sind. Unsere Kinder sind die Zukunft und es liegt an uns, ihnen beizubringen, das ein oder andere besser zu machen. Friedlicher.

Wir können unseren Kindern nicht alle Probleme abnehmen. Aber wir können ihnen so viel Halt und Liebe mitgeben, dass sie für diese Welt gerüstet sind – dass sie robuster und stärker werden. Außerdem hilft es, wenn wir unsere Energie und unsere Lebenskraft auf positive Entwicklungen lenken.

Kinder in Regenklamotten

Mutter Teresa hat das so ausgerückt: „Ladet mich nicht zu einer Anti-Kriegs-Demo ein, sondern zu einer Friedens-Demo.“

Lasst uns unsere Kinder außerdem nicht zum Wettbewerb erziehen. Denn unsere Kinder sind die Zukunft. Und wer gegenseitig konkurriert und nie genug haben kann, der mag vielleicht die Kriege von morgen führen. Wer heute als Kind lernt zu verhandeln und sich in andere Menschen hineinzuversetzen, der mag morgen Konflikte diplomatisch lösen. Denn ein Kind, das auf die Welt kommt, ist erstmal voller Liebe.

Ich wünsche euch von Herzen viel Kraft in diesen schweren Zeiten.

Elischeba

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Russland greift die Ukraine an. Dieser Krieg ist wenige Fahrstunden entfernt schreckliche Realität. Wie können wir Kindern in diesen schweren Zeiten Halt geben?
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Elischeba | Reise-, Lifestyle- & Familien Blogazin by Elischeba Wilde
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4 Kommentare

  1. Avatar
    Nadine
    25/02/2022 / 22:50

    Hallo liebe Elischeba,

    das hast du wieder sehr schön geschrieben. Was aktuell passiert ist so unendlich traurig!!!

    Liebe Grüße von Nadine

    • Elischeba
      Elischeba
      Autor
      26/02/2022 / 12:26

      Das ist wirklich sehr traurig, liebe Nadine. Ich danke dir.

      Elischeba

  2. Reinhard
    Reinhard
    26/02/2022 / 17:16

    Hallo Elischeba,

    ich kann Deine Unsicherheit und Deine Ängste und Deine unbedingte Fürsorge für Deine Kinder verstehen, die Du in diesem Artikel ausdrückst. Das ist auch gut so. Du solltest allerdings das Interesse deiner Kinder an dem Thema „Krieg in Europa“ und die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) deiner Kinder gegenüber beängstigenden Nachrichten nicht unterschätzen. Wir sollten meiner Meinung nach angemessen mit dem Thema umgehen und Fragen dazu kindgerecht und wahrheitsgemäß beantworten. Es nützt nichts, die Kinder von den Nachrichten total abzuschirmen und in Watte zu packen.

    Ich bin in den 1960ger und 1970ger Jahren aufgewachsen. Damals war der Vietnam-Krieg und der sog. „Kalte Krieg“ zwischen der westlichen Welt und dem Ostblock allgegenwärtig und täglich in allen Medien.

    Ich kann mich noch sehr gut an den „Prager Frühling“ 1968 erinnern, als in der Tschechoslowakei demokratische Reformen durchgeführt wurden und der „Eiserne Vorhang“ zum ersten Mal leichte Risse bekam. Das hat der damaligen UdSSR und den anderen Ostblock-Staaten überhaupt nicht gefallen. Daraufhin sind über eine halbe Million Soldaten des Warschauer Pakts mit Panzern in die Tschechoslowakei einmarschiert und haben kurzen Prozess gemacht.

    Und das 200 km vor meiner Haustür. Damals war ich gerade mal 10 Jahre alt und hatte einen sehr guten Freund, der aus der Tschechoslowakei kam. Da haben wir als Schüler natürlich intensiv diskutiert, was das für uns und unsere Zukunft und für unsere Sicherheit bedeutet und haben uns unsere eigenen Gedanken gemacht.

    Das was mir heute wirklich Angst macht, sind die Atomraketen, mit denen Putin bereits gedroht hat. Alles andere wird sich zeigen.
    Da hilft nur eins: Sich nicht verrückt machen lassen, sich gut informieren und den Kopf nicht in den Sand stecken.

    Und vor allem: Die Feste feiern wie sie fallen und sich die gute Laune nicht verderben lassen.

    • Elischeba
      Elischeba
      Autor
      26/02/2022 / 20:26

      Ganz lieben Dank für deinen äußerst interessanten und tiefgründigen Kommentar, lieber Reinhard!

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