„Frau Wilde, es gehört zu meiner Aufklärung, Ihnen mitzuteilen, dass von circa 280 Schwangeren in Ihrem Alter eine Mutter ein Kind mit einem Down-Syndrom empfängt.
Es besteht die Möglichkeit, dass Sie diese Woche die Nackentransparenzmessung in Anspruch nehmen, um eine mögliche Chromosomenstörung zu erkennen.“ So die Worte meiner neuen Frauenärztin, mit der ich – wie im vorherigen Blogeintrag beschrieben – sehr zufrieden bin. Ich bin in der 13. Woche und sollte nun das First-Trimester-Screening in Anspruch nehmen.
Au Weia. Kürzlich habe ich noch darüber gescherzt, dass ich durch die Schwangerschaftshormone wieder jünger werde. Weichere Haut, schnelleres Haarwachstum und viel positive Energie. Doch ich kann es nicht leugnen. Ich bin 35 Jahre alt und zähle bereits zur Risikogruppe.
Zu Hause recherchiere ich im Netz und gelange auf eine Statistik, welche besagt, dass über 90 Prozent der Frauen bei der Diagnose „Down-Syndrom“ eine Abtreibung vornehmen lassen. Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken. Wie könnte ich ein Kind entfernen lassen, welches mir noch heute Morgen beim Ultraschall zugewunken hat?
Aber wie sieht die Alternative aus? Man mag seine Schwiegermutter in ein Heim geben können, aber sein eigenes Kind? Das geht doch auch gar nicht, wenn man sein Baby bereits gestillt und ins Herz geschlossen hat.
Gehe ich spazieren, so schaue ich mir lieber die lachenden und gesunden Kinder an, als die mit einem Handicap. Ist das Oberflächlichkeit? Oder einfach nur menschlich? Oder ist es die Angst vor dem, was man nicht kennt?
Dann erinnere ich mich an ein Gespräch mit Freunden. „Wenn es ein Mädchen wird, dann müsste es die Figur von mir und die leicht gewellten und dicken Haare von meinem Schatz kriegen, genauso seine Augenbrauen.“, werfe ich in die Runde.
„Aber wir wünschen uns noch mehr einen Jungen“, füge ich hinzu und Pierre erzählt den anderen beim Bier, dass er es toll finden würde, wenn sein Sohn seine Liebe zum Schach, zu Irland und zum FC Bayern teilen würde.
Ich lehne mich im Sessel zurück. Nein – das ist doch alles egal. Das ist nebensächlich. Belanglos. Ich will einfach nur eins: Unser Kind muss gesund sein. Einfach nur gesund. Sonst nix. Mehr möchte ich gar nicht mehr. Dann bin ich glücklich!
Abends zeige ich meinem Mann Pierre die Unterlagen über die Facharztpraxis für Pränatal-Diagnostik. Er liest, dass man kein hundertprozentiges Ergebnis erzielen kann und fragt, was uns diese Untersuchung bringen würde, da wir uns ja so oder so für das Kind entscheiden würden.
Eine Abtreibung wäre Mord und wir hätten nicht das Recht darüber zu urteilen, dass ein Baby wegen einem Handicap kein Recht auf Leben hätte. Also schreibe ich meiner Frauenärztin eine Mail.
Meine Ärztin ruft mich rasch zurück und räumt erst mal meine Hauptzweifel aus dem Weg. Nein, sie würde mich nicht zum Spezialisten für Pränatalmedizin und Humangenetik schicken, weil sie Auffälligkeiten beim Ultraschallbild entdeckt hat. Ich erzähle ihr, dass ich mich seit dem Termin in ihrer Praxis in das Thema Down-Syndrom ein bisschen reinsteigern würde.
Meine Gesprächspartnerin erklärt mir, dass ein Kind eine ganz besondere Verbindung darstellt und dass ich mir ständig Sorgen machen werde, wenn es da ist. Wenn es zur Schule geht, wenn es das erste Mal alleine in den Urlaub fliegt oder wenn es Fahrrad fährt.
Ich solle versuchen, mehr Vertrauen zu entwickeln, dass alles gut gehen wird. Stimmt! Im Laufe des Gespräches rät sie mir trotzdem zur Untersuchung in der Münster Spezialklinik, da dies zur Kontrolle vom gesamten Schwangerschaftsverlauf von Vorteil ist.
Später unterhalte ich mich mit einer Bekannten, welche als Logopädin arbeitet und viele Kinder mit Down-Syndrom unterrichtet. „Die bestehen zu 100% aus Gefühl“, sagt sie mir, aber fügt traurig hinzu, was eine der Mütter kürzlich erlebt hat.
Die noch sehr junge Frau ging mit ihrem Kind zum Arzt. Dieser schaute das Kleine an und sagte: „Oh, da hat aber jemand einen Fehler gemacht. Heutzutage braucht so was nicht mehr zu passieren.“ Mit anderen Worten – sie hätte abtreiben sollen. Sehr traurig – in der heutigen Gesellschaft aber leider kein Einzelfall.
Donnerstagmittag im Franziskus-Hospital. An der Rezeption der Klinik sitzt eine streng wirkende Frau mit Herrenhaarschnitt. „Frau Wilde, Sie sind heute hier zur Untersuchung, weil sie mit 35 Jahren ein erhöhtes Risiko haben, ein Kind mit Down-Syndrom zu erhalten.“ Die Art wie sie das sagt, empfinde ich als ziemlich kalt. Außerdem weiß ich das selber, wieso ich hier bin.
Der Facharzt kommt später in den Raum, in welchen ich gebeten wurde und unterhält sich kurz mit mir über die Untersuchung. Dann soll ich meinen Bauch freimachen und mein Herz fängt wie wild an zu schlagen. Jetzt erfahre ich, wie hoch die Aussichten für ein gesundes Kind sind. Mein Mann Pierre dagegen ist recht ruhig. „Ich weiß tief im Innern, dass unser Kind völlig gesund ist“, lächelt er mir zu.
Wir staunen darüber, wie rasch der Doktor sämtliche Organe des Kindes findet. „Ja, das sieht sehr gut aus.“ Einen Satz, den er zu unserer Freude noch sehr häufig wiederholt. Dann geht es Richtung Nacken. Mein Herz klopft wie wild. „Und, und?“ frage ich hektisch. „Alles bestens, alles im Normalbereich.“ Mir fällt ein Stein vom Herzen – ich könnte die ganze Welt umarmen und kriege feuchte Augen.
Der DEGUM Seminarleiter prüft weiter. Die Nase sei schneller entwickelt als normal. An der Form würde er sehen, dass auch hier alles bestens ist und erklärt, dass man bei Föten mit Down-Syndrom ebenfalls in diesem Bereich Auffälligkeiten im Knochenbau erkennen würde.
Ich werde immer glücklicher. Dann sehen wir das zweite Händchen, welches vorher unter dem Bauch lag und versteckt gewesen ist. Niemals hätte ich vorher gedacht, dass es so ein schönes Gefühl sein kann, wenn man sein Baby im Ultraschall beobachtet und fünf Fingerchen an jeder Hand zählt.
Mir wird gesagt, dass ich nun ein 80-Prozent sicheres Ergebnis habe. Ob ich noch eine Blutuntersuchung wünsche, um ein 90-prozentiges Resultat zu erhalten. Nein, ich weiß jetzt, das unser Baby gesund ist! Aber etwas anderes möchte ich noch vom Spezialisten wissen.
„Drei Ärzte haben mir bestätigt, dass ich am 25. November 2011 als Moderatorin nach Thailand fliegen darf. Sehen Sie das auch so?“ Ich erhalte ein eindeutiges positives Feedback und freue mich auch darüber. Natürlich soll ich vor Ort verantwortungsbewusst sein und keine Dschungeltouren machen sowie nicht tauchen oder klettern gehen, aber das ist ja ganz klar!
Finale der SeaStar Discovery in Thailand 2010
Auf dem Rückweg fühle ich mich so gut, als hätte ich eine ganze Packung Drogen zu mir genommen – völlig high. Am liebsten würde ich morgen schon entbinden, da ich nun so neugierig bin, wie der kleine Wurm aussieht und welche Eigenschaften er hat. Aber da muss ich mich noch bis Mitte Mai 2012 gedulden.
WICHTIG: Hier noch ein Nachtrag für Eltern, welche die Diagnose „Down-Syndrom“ erhalten haben. Eine türkische Bekannte hat mir gestern gesagt, dass ihrer Freundin mitgeteilt wurde, dass sie ein Baby mit dieser Chromosomenstörung bekommen wird. Deswegen wollte sie ihr Kind abtreiben lassen.
Jedoch hat diese türkische Bekannte samt Tochter immer wieder auf ihre Freundin eingeredet: „Bitte, bitte, bitte … trage das Kind aus, wir werden es adoptieren.“ Gut, das wäre eine Alternative zur Abtreibung. Und was war? Ihre Freundin hat ein kerngesundes Baby erhalten. Welches sie dann doch liebend gern behalten wollte. Manchmal passieren eben auch Wunder!
Alles Liebe von Elischeba
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ich habe eine Bekannte, die mit 43 Jahren ein Baby mit Down-Snydrom bekommen hat, das scheint oft zu passieren, deswegen kann ich deine Sorge voll und ganz verstehen. Aber das Baby von der Bekannten ist sehr süß und man sieht das kaum, evtl. später wenn das Kind älter ist. Ich wünsche euch alles erdenklich gute!!!
Was ist das für eine aufmerksame Frauenärztin, die persönlich zurück ruft! Hut ab!!!! Toll, dass bei der Untersuchung alles gut gegangen ist – weiterhin eine schöne Zeit. Jaaa, als Mutter macht man sich immer Sorgen. Aber die Freuden gleichen alles aus. Versprochen! 😉
Glückwunsch zum positiven Feedback und zu den neuen Ultraschallbildern. Trotzdem hört ein Leben mit Kind mit Down-Snydrom nicht automatisch auf, ich habe im Urlaub mal eine Frau kennen gelernt, die ihr Kind speziell fördern ließ und das künstlerisch recht begabt war und die Mutter hat es auch sehr geliebt. Diese Kinder geben sehr viel Liebe zurück. Eine Abtreibung ist definitiv Mord!
Die Erfahrung, die du ganz unten postest, finde ich schockierend. Aus diesem Grund würde ich solche eine Unterschung nicht in Anspruch nehmen. Eine Diagnose kann falsch sein und dann bin ich die ganze Schwangerschaft mies drauf. Nein, Danke! Schwangerschaft muss man geniessen dürfen und können!
Bin gerade eben durch Zufall auf den Blog gekommen. Gefaellt mir sehr.
Bin gerade eben zufaellig auf die Seite gekommen. Gefaellt mir sehr.
meine Freundin und ich werden zu dieser Untersuchung gar nicht hingehen – früher waren die Frauen einfach nur „guter Hoffnung“ – heute werden sie doch total verrückt gemacht – einfach abwarten – ist die Diagnose negativ, würden wir sowieso nicht abtreiben.
Toll, was man heute alles machen kann, aber häufig werden Frauen mit all den Risiken, die ja doch sehr selten eintreten, vorher zu sehr verrückt gemacht, finde ich!
Drück die Daumen für die Entbindung – kann ja jeden Moment jetzt los gehen 😉
Die Nackentranzparenz sagt auch leider nicht viel aus, wie ich in meiner Schwangerschaft erlebt habe. Mein Fötus hatte neben einer erhöhten Nackentransparenz auch ein generalisiertes Ödem. Mir wurde daher von der Blutuntersuchung abgeraten und direkt geraten, eine Fruchtwasserpunktion zu machen, da auch andere genetische Behinderungen ausgeschlossen werden konnten, die möglich wären, aufgrund der Ultraschall Untersuchungen. Es war eine schreckliche Zeit von der 9. Schwangerschaftswoche bis zur 17. Woche bis das Ergebnis da war. Zum Glück ist genetisch alles in Ordnung. Warum es diese extremen Auffälligkeiten gab, kann mir keiner erklären. In der 18. Woche dann eine neue Auffälligkeit, die dann in der 20. Woche nicht mehr bestätigt wurde. Daher habe ich die halbe Schwangerschaft nicht genießen können und war total aufgewühlt.
Warum hier viele in den Kommentaren schreiben, dass sie eine Abtreibung nicht unterstützen, kann ich nicht nachvollziehen. Es gibt verschiedene Arten von Down Syndrom, aber man weiß nach der Diagnose nie, ob es eine einfache oder schwere Form ist. Und es fällt einem leicht zu sagen, ich würde/hätte nie abgetrieben, wenn man nie an dem Punkt der Diagnose stand… Ich sehe es eher so, wenn man nie an dem Punkt stand, kann man es auch nicht beurteilen, wie man in dem Moment reagiert hätte.
Was ich vergessen habe zu erwähnen. Ich hatte keine Nackentranzparenz Messung. Es war so auffällig, dass man es selbst als Laie direkt auf dem ersten Ultraschall gesehen hat. Ich bin unter 35 Jahre und gehöre damit noch nicht wirklich der Risikogruppe an.
Thema Altersrisiko
Dazu habe ich mal ein Liste erstellt.
LG
Wie traurig, diesen Bericht zu lesen. Ich habe immerzu auf den Moment gewartet, in dem die Erkenntnis kommt, dass ein Kind mit Down-Syndrom ein riesiges besonderes Geschenk ist. Kam nicht. Vielleicht hilft noch die Erkenntnis, dass „Down-Syndrom“ nicht gleichzeitig „krank“ bedeutet, und dass man aus „Hauptsache gesund“ viel eher „Hauptsache glücklich“ machen sollte.
Alles Gute.
Ein Kind aufgrund dieser Diagnose abtreiben zu lassen, wäre für mich persönlich kein Gedanke. Danke für diesen wichtigen Beitrag. Ich bin schwanger und habe vor, eine Nackentransparenzmessung durchführen zu lassen. Am besten suche ich mir morgen direkt eine Fachpraxis dafür.
Autor
Hallo liebe Tuula, deine Einstellung finde ich toll und wünsche dir von Herzen alles Gute und Liebe.