Erwischt. Wir kommen im Buch „Die Rotzlöffel-Republik“ vor. Die Erzieher Tanja Leitsch und Susanne Schnieder beschreiben verschiedene Elterntypen. Und berichten offen über den täglichen Kindergarten Wahnsinn.
Beim Lesen erzähle ich meinem Mann Pierre lächelnd, dass wir nicht zu den allerschlimmsten Elterntypen gehören.
Wer macht Erziehern das Leben schwer? Ein Beispiel aus dem Buch:
Eine Mutter zur Erzieherin: „Ich möchte, dass Sie sich jeden Morgen hinknien, wenn Sie meinen Sohn begrüßen.“ Wurde die forsche Anweisung unter vier Augen geäußert? Nein. Vor der 25-köpfigen Kindergruppe.
Ich lache kurz auf und stelle mir vor, wie die Erzieher in unserem Kindergarten reagieren, wenn ich mit solch einer bescheuerten Forderung ankomme. Aber das ist nicht lustig. Tanja und Susanne müssen sich regelmäßig mit Eltern rumplagen, die detaillierte Vorschriften machen. Die den Erziehern ihren Job erklären.
Und Erzieher als Arbeitskraft sehen, die man herumkommandiert. Anstatt Wertschätzung für einen Knochenjob zu zeigen.
Die Erzieher trösten unsere Kinder. Helfen ihnen beim Anziehen. Beim Essen. Und wischen ihnen grüngelbe Rotze von der Nase und stinkenden Stuhlgang vom Hintern ab. Tag für Tag.
Wie wäre es mit Dankbarkeit und Wertschätzung? Tanja und Susanne wollten kein Frustbuch herausbringen. Allerdings ist es ihr Ziel aufzuklären.
Wenn mir eine Erzieherin sagt, dass sie zur Fortbildung fährt, dann denke ich mir: Super! Sie lernt spannende Sachen und bekommt eine Gehaltserhöhung, weil sie neue Qualifikationen hat. Und wer sich weiterbildet, der steigt auf der Karriereleiter auf.
Falsch gedacht. Was ist eine Gehaltserhöhung? Tanja und Susanne zeigen, dass eine Erzieherin ihr Leben lang unterbezahlt ist.
Aufstiegsmöglichkeiten? Schön wär`s. Die Autoren schreiben, dass man sich die meisten vorgeschriebenen Fortbildungen sparen kann. Sie sind schlichtweg überflüssig. Und führen lediglich dazu, dass der Rest der Mannschaft unterbesetzt ist und noch mehr Stress hat.
Die Arbeitsbedingungen sind in einigen Kindertagesstätten miserabel.
Nur 12,5 Prozent der Einrichtungen liegen beim durchschnittlichen Geräuschpegel unter 80 Dezibel. Bei Werten von 85 Dezibel muss laut Arbeitsschutz ein Gehörschutz getragen werden. Schalldämmung wirkt dem entgegen – ist jedoch meist nicht ausreichend vorhanden.
Ständiger Lärm versetzt den Körper in einen dauerhaften Stresszustrand.
Auch mit Ekel müssen Erzieher umgehen. Tanja und Susanne schreiben, dass ihnen tagelang schlecht ist, wenn ein Kind am Essenstisch in die Hose macht. Wenn der stinkende Stuhlgang vor duftenden Tellern hinunterläuft, vergeht einem der Hunger.
Eine Kollegin hat ihr Pausenbrot zurechtgelegt und wollte sich ein Glas Wasser holen. Als sie zurück kam, war ihr Brot mit gelber und grüner Rotze beschmiert. „Ich habe einmal Hatschiiii“ gemacht, grinste der Junge. Am nächsten Tag kam die Kollegin mit Lippenherpes in den Kindergarten.
Wenn Arbeitsbedingungen verbessert werden, kommen Erzieher leichter mit den psychischen Strapazen klar.
Stress durch die Kinder? Das Problem liegt meist bei den Eltern. Wie das Beispiel des sechsjährigen Torben zeigt. Er hatte Spaß daran, sich auf dem Spielplatz vor die anderen Jungs hinzustellen und in drei rosa Förmchen zu strullern. Für einige Kumpels war er der Held. Die kicherten und bestärkten ihn in seinem Handeln.
Die Erzieher haben dem Jungen die Förmchen mitgegeben und ihm gesagt, dass er neue Förmchen besorgen soll. Weil die Mädchen nicht mit etwas spielen möchten, das bewusst voll gepinkelt wurde.
Dann haben die Erzieher Torbens Mutter das Vorgefallene erklärt. Unter vier Augen gefragt, ob sie morgen 1,50 Euro für neue Förmchen mitbringen kann.
Die Mutter baute sich am nächsten Tag sichtbar erregt vor den Erziehern auf. Sie hätte mit Torben gesprochen. Das sei aus Versehen passiert. Das Geld wird sie nicht zahlen. Der Urin ihres Sohnes sei rein und klar.
Am nächsten Tag wurde Torben von seiner Mutter und seiner kleinen Schwester abgeholt. Die Kleine hat die Erzieherin mit großen Augen angeschaut und gerufen: „Du bist ja gar nicht tot.“
Die Erzieherin schaute das kleine Mädchen erstaunt an und hat gefragt, wie sie darauf kommt. Die Maus hat geantwortet: „Mama hat gestern zu uns gesagt ´Die ist für uns gestorben!´ Da war ich ganz traurig. Aber du bist noch am leben. Das freut mich.“
Tanja und Susanne bekommen durch die Kinder unfreiwillig mit, dass Eltern ihnen immer wieder Pest und Cholera an den Hals wünschen.
Am Anfang des Artikels habe ich euch gebeichtet, dass wir uns im Buch ebenfalls wiedergefunden haben.
Pierre und ich sind nicht die Elterntypen, die den Erziehern ihre Jobs vorschreiben. Wir haben Respekt vor deren Arbeit und in unserer Tagesstätte ein gutes Bauchgefühl. Außerdem sind wir dankbar dafür, dass sich unsere Kinder dort pudelwohl fühlen.
Allerdings beschreiben Tanja und Susanne Eltern, die ihre Kinder wie Halbgötter behandeln. Wo die Kleinen beinahe alles entscheiden dürfen.
Ups. Erwischt. Zumindest ein bisschen. Wir verwöhnen Mini Chefin und Mini Chef gerne. Viel Liebe, eine Menge Freiheit und wenig Regeln. Aber es gibt Schlimmeres.
Die Hälfte des Buches habe ich durchgelesen. Wertschätzung für die Arbeit der Erzieher hatte ich vorher schon. Dank Tanja und Susanne nun noch mehr.
Wenn ich im zweiten Teil des Buchs ebenfalls spannende und hilfreiche Infos finde, dann schreib ich euch davon.
Wie findet ihr eure Erzieher im Kindergarten? Welcher Elterntyp seid ihr?
Bis bald und liebe Grüße von Elischeba
Ebenfalls spannend: Erziehung in Frankreich und meine Erfahrung
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Hinweis: Danke an den Ecowin Verlag für das Rezensionsexemplar „Die Rotzlöffel-Republik“ zwecks Recherche
Spannender Bericht. Aber ganz ehrlich? Es gibt auch extrem nervende Erzieher.
Danke. Ja, das mag vorkommen. 😉
Das Buch muss ich mir kaufen. Hört sich spannend an
Ja, es ist spannend den Kindergarten aus dem Blickwinkel der Erzieher zu sehen. Das erweitert den Horziont.
Meine beste Freundin ist Erzieherin und erzählt das gleiche. Voll krass, wie einige Eltern drauf sind. Meine Freundin hat einmal sogar geheult, weil eine Mutter sie tagelang ignoriert hat und zu den anderen freundlich war. Nur weil sie der Mutter gesagt hat, dass ihr Kind manchmal andere Kinder schlägt.
Das ist heftig. Die Arme. Ist wichtig das nicht persönlich zu nehmen. Aber ich hätte in solch einer Situation auch kein dickes Fell.
Hallo Elischeba,
vielen Dank für den tollen Bericht zu unserem Buch. Freut mich, dass es Dir gefällt.
LG Sebastian
„ecowin.at“
Hallo Sebastian,
ja das ist echt klasse! Ich habe auch von Müttern aus meinem Bekanntenkreis viel positives Feedback erhalten. Man sieht Erzieher nach dem Lesen mit anderen Augen. Wobei ich vorher auch schon Wertschätzung für sie hatte 🙂
Liebe Grüße von Elischeba
Wir haben eine Bekannte, die als Erzieherin arbeitet und vier Wochen in Kur geht … wieso muss man wohl nicht erklären … sie hat uns übrigens auch von größerem Stress durch Eltern erzählt als durch Kinder … und wenn durch Kinder, dann weil im Elternhaus was nicht stimmt (extreme Vernachlässigung oder das komplette Ausbleiben von Regeln)
Glaub ich … das Buch zeigt auch Stressfaktoren an die man nicht denkt … es ist wichtig den Kindergarten auch mal aus der Perspektive einer Erzieherin zu sehen 😉
Klasse Artikel,
werde mir das Buch kaufen.
In unserem Kindergarten ging es auch lange drunter und drüber und die Kinder sind nicht mehr gern hin gegangen. Allerdings lag das wirklich an den Erzieherinnen, da untereinander viel Stress und Hetzereien waren. Jetzt hat sich das ganze Gott sei Dank gelegt. Ich finde sie machen einen großartigen Job, wenn sie der Typ dazu sind. Ich könnte das nicht. Ständig Eltern, die einem mit belanglosem Zeug nerven und Kinder, die ständig was anderes wollen.
Sehr anstrengend.
Super, dass du dir das Buch kaufst, liebe Nancy. Es wird dir sicher gefallen. Stimmt, der Job ist wirklich anstrengend. Wenn Erzieher untereinander Stress haben ist das natürlich blöd – vor allem für die Kinder. Die spüren die negative Atmosphäre. Super, dass es nun wieder besser ist.
Alles Gute weiterhin!
Hervorragend dass Erzieherinnen dieses Thema anpacken. Das ist auch der wahre Wahnsinn. Im Übrigen stellen wir auch fest, dass das Geplärre der Kinder im Vergleich zu früher wesentlich lauter geworden ist. Auch die Umgangsformen haben drastisch (noch gelinde ausgedrückt) nachgelassen. Der Wahnsinn setzt sich natürlich in der Schule fort. Eltern nehmen dann Rechtsanwälte in Anspruch. Persönlich bin ich von den Eltern begeistert, die in der einen Hand den Kinderwagen schieben und gleichzeitig mit der anderen die Zigarette und das Schmarrfon, oh Smartphone, bedienen können. Das Kind ist Ablenkungsmanöver.
Stimmt, wobei ich auch zu oft zum Smartphone greife. Freunde, die sich per What´s App melden, was lustiges schicken, während ich mit den Kids spiele …. die Verlockung ist groß „eben zu gucken“ wer was geschickt hat. Aber ich arbeite an mir. 😉
Hallihallöle! Tja… Ich persönlich gehöre zu der Kategorie „Mutter&Erzieherin“. Ich befürchte, ich mache es den Erzieherinnen meiner Jungs auch nicht gerade leicht… Denn natürlich weiß ich, wie anstrengend der Arbeitsalltag in einer Kita ist, aber ich weiß auch, was zu schaffen ist und was rechtlich vorgeschrieben ist und eingehalten werden muss… was unsere Kita leider nicht so wirklich bietet. 🙁 Dafür schaffen sie aber andere Dinge, die mir extrem wichtig sind, wie z.B. der respekt- und liebevolle Umgang mit den Kindern.
Steht zu meiner Kategorie etwas in dem Buch? Wüsste ich gern… Und wenn ja, was in etwa… 😉
Dann würde ich mir das Buch wahrscheinlich auch kaufen… Den Erzieher-Blickwinkel auf die anderen Eltern-Arten kenn ich ja schon… 🙂
Liebe Grüße! Linda
Hi Linda,
Danke für deinen interessanten Kommentar. Oh, ich habe das Buch im Mai gelesen, aber ich glaube, die Erzieher haben keine eigenen Kinder. Zumindest kommen sie – wie ich mich erinnere – nicht vor.
Ich kann verstehen, dass man kritischer ist, wenn man selber als Erzieherin arbeitet. 🙂
Alles Gute weiterhin!
LG von Elischeba
Das ist MEIN Buch! Danke für den Tipp – ich werde es sofort bestellen!!!!
Autor
Oh super, das freut mich, dass ich dir einen Tipp geben konnte.
Ja, schade dass Erzieherinnen (wie auch Lehrer) oft als Feinde, statt als Verbündete in der Erziehung gesehen werden.
Autor
Oh ja, das stimmt!
Also ich arbeite als Erzieherin. So schlimm sind nur 20 Prozent der Eltern. Aber die machen 80 Prozent der Arbeit aus. Schöne Website hast du!
Autor
Danke. Oh, das kann ich mir gut vorstellen.
Wow … Was für ein Artikel, auf den ich da zufällig gestoßen bin, der mich ehrlich gesagt sehr erschreckt. Das Buch werde ich mir sicher nicht zulegen, denn schon alleine die Geschichten aus diesem Artikel ärgern mich.
Ist es nicht so, dass alle Eltern das Beste für ihre Kinder wollen und jeder es gut machen will? Was ist das für ein wahnsinniger Hype, dass sich Eltern gerne dadurch bestätigen, dass sie es ja besser als andere machen?
Ich wohne nicht mehr in Deutschland und vielleicht bin ich verwöhnt, was hier die Anzahl von Erzieherinnen in einer Kita im Verhältnis zur Anzahl der Kinder ist, aber eines weiss ich sicher, in unsrer Kita pinkelt auch das ungezogenste Kind nicht über Sandkastenförmchen. Einfach weil immer jemand da ist, der das mitbekommen würde und dem vor wäre. Mal ganz abgesehen davon, dass die Lösung die Förmchen mit zu geben und um Ersetzung zu fragen meiner Meinung nach nicht konstruktiv ist.
Unsere Erzieherinnen haben ihre Mittagspause übrigens in einem separaten Raum, ich finde das sollte auch der Normalfall sein. Das erübrigt genannte Essensprobleme.
Und unsre Erzieherinnen sprechen auf Knien mit den Kindern, nicht weil sie sich erniedrigen, sondern weil es höflich ist, auf einer Höhe zu sprechen. Traurig wenn das nicht selbstverständlich ist.
Ich kann mir solche Geschichten und Frustrationen nur damit erklären, dass deutsche Kitas gnadenlos unterbesetzt sind, anders sollten solche Geschichten nicht passieren. Es auf die Eltern zu schieben finde ich unfair. Ganz sicher gibt es auch mal Verbesserungsbedarf in der ein oder anderen Erziehung da sollte man dann aber an einem Strang ziehen und ein Gespräch mit den betreffenden Eltern angehen und kein Lästerbuch schreiben.
Zu guter Letzt, wir haben eine fantastische Kita, mit tollen Erzieherinnen die wir ganz sicherlich zu würdigen wissen, da braucht es dieses Buch nicht. Erziehungsstil klassisch: Ich zu lieb, mein Mann sehr streng 😉 aber ich glaube dran, dass das der Mix ist, den Kinder brauchen.
Unsre Kita macht übrigens gerne Betriebsausflüge zum Floating Center – der perfekte Ausleich zum lauten Arbeitsklima 😉
Autor
Danke für dein Feedback. Ich hocke mich meist auch hin wenn ich mit meinen Kids rede.
Dann erreiche ich sie einfach besser.
Mit unserer Kita bin ich auch total zufrieden – ich habe hier lediglich die Erfahrungen der Autoren geschildert.
Alles Liebe weiterhin!
Ich möchte den Job nicht machen.
Aber nicht wegen den Kindern.
Wegen deren Eltern. Davon drehen immer mehr durch.
Autor
Danke für dein Feedback. Bei dem ein oder anderen Elternteil mag das der Fall sein 😉
Liebe ELISCHEBA,
vielen Dank für Ihre einfühlsamen, aber auch ernüchternden Zeilen.
Ich werde dieses Buch kaufen und bei uns in der Kita auslegen.
Denn wenn wir / meine Kolleginnen / Kollegen, wie alltäglich auf diese Eltern stoßen, dann werde ich genau DIESE ELTERN sinnvoll beschäftigen und ihnen das Buch in die Hand drücken.
Damit verschaffe ich uns Luft und WIR können uns dem Alltag / unserer Arbeit widmen.
Danke nochmals liebe EISCHEBA für diese Wahrheit.
Mit L.G.