Au Mann. Für einen Moment beneide ich alle jungen Eltern, die Oma und Opa in der Nähe haben. Wo der Zwerg liebend gern mal übernachtet und reichlich verwöhnt wird.
Die Mutter von Leons bestem kleinen Freund hat zum Beispiel einmal im Monat ein Wochenende mit ihrem Mann alleine. Ihr Söhnchen freut sich schon Tage vorher auf die Oma.
Wir treten gerade in das noble Restaurant des schönen Romantik Hotels Kieler Kaufmann ein. Ein älteres Ehepaar hat bereits im schicken Wintergarten Platz genommen.
Während wir freundlich grüßen, wird unser Zweijähriger von den beiden angeschaut, als wenn er ein kleines Monster sei, das nun den ganzen Abend Terror machen wird.
Nach einer vierstündigen Anfahrt bin ich selbst auch noch nicht ganz angekommen – da stressen mich ihre Blicke umso mehr. Ich kann verstehen, dass wer hier diniert, auch gern Ruhe beim Essen wünscht.
Mit Leon waren wir schon in mehreren Romantik Hotels. Der Kleine ist total pflegeleicht, aber trotzdem kann man mit Kind nie so richtig planen. Die längere Autofahrt war auch für ihn anstrengend und er hatte vor dem Essen nur wenig Zeit zum Austoben.
Wir sagen unserem Wonneproppen beim Dinner, dass man hier flüsternd spricht. Mal klappt es, aber es passiert auch, dass er mal kurz fröhlich kreischt. Kids sind eben Kids.
Beim Personal ist Leon jedoch sehr willkommen und bekommt von einer freundlichen Kellnerin Malsachen. Auch andere Gäste – die nach und nach eintreffen – lächeln ihm zu.
Bitte bitte lieber Leon, beschäftige dich doch noch ganz lange mit Buntstiften und Papier.
Die Getränke werden geliefert – ich nehme Traubensaft als Alternative zum Rotwein. Schwangerschaft eben. Mein kleiner Schatz bekommt eine Apfelschorle mit Strohhalm.
Zehn Minuten später der große Knall. Oh bitte nicht hier! Die Dame am Nachbartisch guckt Leon böse an und schüttelt den Kopf.
Mir ist das total unangenehm, dass die Kellnerin den Boden aufwischen muss. Aber sie bleibt locker und äußert freundlich. Sie würde das kennen – sie hätte einen 13-jährigen Sohn und der war halt auch mal klein.
Dann entdeckt Leon die Butter auf dem Tisch. Zu Hause darf er nicht ein riesiges Stück Butter auf einmal essen. Hier möchte er es sofort haben – als wir ihm sagen, dass die nur fürs Brot ist, will er gerade anfangen lautstark zu protestieren.
Momentan ist uns ein ruhiges Kind wichtiger, als konsequent zu sein. Also lassen wir Leon machen und er schiebt sich begeistert das ganze Stück Butter in den Mund. Krass.
Plötzlich hat der kleine Mann Bewegungsdrang. Wir wechseln uns zwischen den göttlichen Gängen damit ab, mit Leon vor die Tür zu gehen – wobei mein Mann Pierre das meistens übernimmt.
Von meinem Platz aus habe ich einen schönen Blick auf den Park und die Kieler Förde. Dann läuft Leon vor den Tisch des älteren Ehepaares und lächelt sie an. Streng macht die Dame mir klar, dass sie nicht nur den Tisch, sondern auch das Umfeld davon gebucht hat und beide ihre Ruhe haben möchten. Au Weia.
Freundlich bitten wir Leon wieder in unsere Richtung. Er hat gute Laune – nur ein bisschen Bewegungsdrang. Die lange Anfahrt eben.
Unser Fünf-Gang-Menü entpuppt sich mit dem Gruß des Hauses und dem süßen Amuse-Gueule vor dem Dessert als ein vorzügliches Sieben-Gang-Menü. Dies dauert knapp vier Stunden. Hier isst man nicht, hier erlebt man. Mit allen Sinnen. Kulinarisch ein absoluter Hochgenuss.
Wir fragen uns die ganze Zeit, wieso da nicht ein dicker Michelin Stern im Eingang hängt. Ob unglaubliches Orangen Karotten Süppchen im Glas mit Lachsfilet am Stiel oder hausgemachte Ravioli mit Feigen, Pfifferlingen und Sommertrüffeln – Küchenchef Mathias Apelt und sein Team sind Genies.
Während ich lediglich feststelle, dass jedes Gericht auf dem Teller hier außergewöhnlich fein, liebevoll angerichtet und lecker ist, erklärt mir mein Mann Pierre als Hobby Gourmet Koch ganz genau, wieso das handwerklich alles eine richtige Meisterleistung sei.
Zum Beispiel müsste man für unser Stubenkükenconsommé eine hochwertige Fleischbrühe über Stunden einreduzieren und perfekt abschmecken.
Als ich mit „raus gehen“ dran bin, lerne ich ein junges Paar im Empfangsbereich kennen. Was bin ich erleichtert zu hören, als sie mir sagen, dass ich ihre 18 Monate junge Tochter morgen beim Frühstück schon von weitem hören werde.
Wir sind also nicht die einzigen Gäste mit Kleinkind im Romantik Hotel. Als ich mich zurück an den Tisch setze, erblicke ich durchs Fenster über dem Wasser einen herrlichen Regenbogen. Mann ist der schön! Regen bringt auch Vorteile.
Kurz darauf kommt Leon auf mich zu, zeigt auf mich und sagt total begeistert: Das ist meine Mama! Richtig stolz.
Och was ist das süß! Und plötzlich habe ich für einen Moment ein richtig schlechtes Gewissen, weil ich mir einen Babysitter gewünscht habe.
Als das ältere Paar zahlen möchte, wird es gefragt, wie es geschmeckt hat. Sie seien mit dem Essen äußerst zufrieden gewesen, nur hätten sie es nicht schön gefunden, neben einer Familie mit Kleinkind sitzen zu müssen. So etwas sei einfach immer wieder anstrengend.
Natürlich so laut, dass wir es hören. Ist mir schrecklich unangenehm.
Aber ich urteile über solche Menschen auch nicht. Erstens erinnere ich mich daran, dass ich auch mal kinderlos war. Dass es sogar eine Zeit gab, wo ich gesagt habe, dass Kids nicht so in mein Leben passen.
Und dann kennt man nie die Hintergründe und Erfahrungen eines Menschen. Auf einem Event habe ich mal eine Dame kennen gelernt, die jedes Mal abweisend geguckt hat, wenn ich von Leon vorgeschwärmt habe. Komplett ohne Gefühlsregung.
Auf einmal wurde sie ganz leise und meinte: „Entschuldigen Sie bitte, aber ich kann kein Kind auf den Arm nehmen. Ich kann auch keins in meiner Nähe sehen. Ich hatte mal eine Totgeburt und hab das bis heute nicht verkraftet.“
Da habe ich sofort eine Gänsehaut bekommen und mir vorgenommen, nie wieder vorschnell zu urteilen.
Am nächsten Morgen fühle ich mich beim Frühstück gleich viel besser. Und das liegt nicht nur an dem überaus köstlichen und fantastischen Buffet.
Zahlreiche Familien mit Kindern – alle gut drauf. Einige kreischen fröhlich umher und laufen durch den Raum. Leon stellt sich vor eine kleine Einjährige, sagt laut „Komm mit“ und dann rennen die beiden los. Zucker!
Im Romantik Hotel Kieler Kaufmann finden häufig Familientreffen statt – heute hat eine liebevolle Oma, die aus Kiel kommt, ihre Kinder aus verschiedenen Städten samt Enkeln in dieses wunderschöne Hotel eingeladen, da sie Geburtstag hat.
Plötzlich geht am riesigen Familientisch eine Teekanne zu Bruch. Eine der kleinen Mädchen hat sie versehentlich hingeschmissen. Tut mir zwar leid für die Kellnerin, ist aber auch irgendwie erleichternd zu sehen, wenn das woanders auch mal passiert.
Ob ich das Romantik Hotel Kieler Kaufmann weiterempfehlen würde? Auf jeden Fall. Aber gleich mit einem Tipp dazu: Pärchen sollten unbedingt mal das Fünf-Gang-Menü ausprobieren! Die längere Zeit zwischen den Gängen für schöne Gespräche nutzen. Den Abend als kulinarisches Erlebnis vom Feinsten genießen.
Familien würde ich empfehlen, je nach Temperament der Kinder, höchstens drei Gänge zu bestellen. Oder nur mit Frühstück zu buchen und am Hafen zu essen.
Wie auch immer – so ein schönes Hotel haben wir alle hin und wieder mal verdient.
Bis zum nächsten Mal und liebe Grüße von Elischeba
Disclaimer: Danke an das Romantik Hotel Kieler Kaufmann für die Unterstützung meiner Recherche (Pressereise)
P.S. mehr Infos zu Kiel und dem Hotel gibt es bald auf meinem Reiseblog – morgen geht`s weiter nach Dänemark!