„Wenn Sie wünschen, dann können wir die Geburt heute einleiten. Und dann werden Sie auch vielleicht heute Abend noch Ihre Tochter im Arm halten.“
Mein Magen dreht sich rum. Wow. Ich weiß für einen Augenblick nicht, was ich sagen soll. Ich weiß nicht mal, was ich denken soll.
Wir haben heute den letzten Termin beim Chefarzt der Frauenklinik in Coesfeld, da mein Mann Pierre tagsüber arbeiten gewesen ist und gern beim Gespräch anwesend sein wollte. Mittlerweile haben wir 19 Uhr 30 – Söhnchen Leon schläft friedlich im Buggy in unserem Untersuchungsraum.
Fakt ist: Man sieht jetzt deutlich, dass sich so richtig was tut. Viele Faktoren sprechen dafür – die Lage des Babyköpfchens und auch mein Muttermund, der nun gute zwei Zentimeter geöffnet ist.
Die kleine Emiliy macht sich immer mehr für die Welt da draußen bereit und wiegt aktuell circa 3.900 Gramm. Wir liegen drei Tage vor dem Entbindungstermin und medizinisch gesehen, dürfte Frau – unter Anleitung – nun ein wenig nachhelfen.
Wie das funktioniert? Es wird zum Beispiel ein Gel mit dem Hormon Prostaglandin in die Scheide gelegt – so können vorbereitende Wehen entstehen. Eine Garantie für eine rasche Wirkung hat eine werdende Mutter allerdings nicht.
Der Chefarzt schlägt vor, dass ich mich an den Wehenschreiber setze und mit den Hebammen noch mal beratschlage, was wir tun könnten. Er würde sich nach diesem Ergebnis auch noch mal mit uns unterhalten.
Während ich zusammen mit Pierre und dem immer noch schlafenden Leon vor dem Kreißsaal sitze, stoße ich plötzlich meinen Schatz an und sage breit lächelnd: „Schau mal, jetzt los zu legen wäre ein gutes Timing – mein wichtigster Mann steht zur Verfügung.“
Der hochgewachsene freundliche Anästhesist kommt uns entgegen gelaufen und fragt, ob meine Geburt bereits gestartet hat. „Kann noch ein paar Tage dauern, aber jetzt auch ganz rasch gehen. Wir entscheiden das gleich“, antworte ich nervös.
Im Kreißsaal selbst kommen bei mir sämtliche Emotionen hoch. Während ich Krankenhäuser eigentlich hasse, so verbinde ich diese Station, auf der ich mich gerade befinde, zwar mit heftigen Schmerzen und extremer Erschöpfung, aber auch mit höchsten Glücksgefühlen und großer Euphorie.
Dieses Bild hier oben zeigt mich nach 14 Stunden Wehen am 21. Mai 2012 mit Söhnchen Leon.
Beim Wehenschreiber gibt es dann das gleiche Ergebnis. Emily macht sich bereit. Es gibt Vorwehen. Alles läuft nach Plan. Sehr schön. Pierre wartet mit Söhnchen Leon vor der Tür.
Einer freundlichen Hebamme erzähle ich zwischendurch, dass ich vier mal die geburtsvorbereitende Akupunktur mitgemacht habe. Sie hält auch viel davon. „Das sei wie Hühnersuppe bei einem Grippekranken“, antwortet sie mir zustimmend.
Fördernd, helfend und unterstützend. Nur sollte man nicht unbedingt erwarten, dass dadurch eine Entbindung rascher losgeht.
Zu guter Letzt die Frage: Starten wir heute? Oder warten wir noch? Bei einem großen und schweren Kind sollte man den Entbindungstermin nicht zu sehr überschreiten. Das könnte gesundheitliche Risiken mit sich bringen.
Aber ein paar Tage vorher schon eingreifen? Könnte man natürlich machen. Das Bauchgefühl aller Beteiligten ist aber eher dafür, am Sonntag noch mal die Lage zu checken und eventuell dann – am Entbindungstag selbst – eine einleitende Maßnahme zu überlegen. Eine der Hebammen ist eher für ein homöopathisches Mittel anstelle des vorgeschlagenen Gels.
Eine andere findet, dass das vorzeitige Einleiten eher etwas für Frauen ist, die sich am Rande der Erschöpfung befinden, die einfach nicht mehr können oder die unter starken Rückenschmerzen leiden. Mir würde es ja sichtlich gut gehen.
Der Chefarzt sieht bei mir einen wichtigen psychologischen Faktor. Die Angst, dass es los geht, wenn mein Mann Pierre nicht dabei ist. Dass ich da alleine mit Kleinkind stehe und die Wehen rasch und plötzlich auftreten.
Und ja – alle sind sich auch einig, dass es bei mir beim zweiten Kind auch ziemlich heftig und schnell „passieren“ kann.
Der Frauenarzt empfiehlt noch ein paar Tage zu warten, aber meinen Mann zu bitten, ob er nicht morgen von zu Hause aus arbeiten kann oder sich vielleicht frei nimmt. Danach hätten wir ja eh erstmal Wochenende. Und dann am Sonntag mal weiter schauen.
„Wie schade, dass Sie ab Samstag Urlaub haben“, gestehe ich dem Chefarzt und erzähle ihm, dass er mir in der schwierigen Endphase der Entbindung mit Leon viel Sicherheit gegeben hat.
Der Doc betont, dass er sich ganz sicher ist, dass meine zweite Entbindung – mit einem leichteren Kind als beim ersten Mal – einfacher sein wird.
Das würde nach seinem Bauchgefühl sogar mit den Hebammen alleine richtig gut klappen. Denn mit dem damals knapp fünf Kilo schweren Erstgeborenen wäre perfekte Vorarbeit geleistet worden.
Gut. Ich werde abwarten und Tee trinken.
Aber lange wird es nicht mehr dauern, bis ihr hier eine zuckersüße kleine Maus im rosa Strampelanzug seht.
Bye und liebe Grüße von der etwas nervösen Elischeba
Photo Credits: Fotograf: Michael Sommer (Studiobilder mit Babybauch – alle vom 5. Januar 2015) – Visagistin: Zahra Abrizeh – Models: Elischeba und Pierre Wilde. Sonstige: Martin Helmers (Portraitbild) und Pierre Wilde (private Fotos).