Die Coronakrise schadet nicht nur der Wirtschaft und dem Gesundheitssystem. Immer wieder stelle ich fest, wie negativ sich die Pandemie auf zwischenmenschliche Beziehungen und sogar auf Freundschaften auswirkt. Der Ton wird rauer, die Sorgen größer und viele Menschen dünnhäutiger.
Kaum einen Hinweis lese ich dieses Jahr bei meinen Kontakten so oft auf Facebook, wie folgenden: „Wer gegen (oder für) gewisse Maßnahmen oder Ansichten ist, der verlasse bitte sofort meine Freundesliste.“ Ja, es geht um Corona.
Ein Kontakt wünscht Demonstranten schwere Atemnot auf der Intensivstation. Jemand anders macht sich über Personen lustig, die gehorsam eine Maske tragen. Diesen „Trend“ beobachte ich schon länger und das Radikale macht mich traurig.
Was unsere Freundschaften außerdem belastet: Skype-Meetings und WhatsApp-Sprachnachrichten fühlen sich weniger gut an, als richtige Treffen.
Wir brauchen persönliche Kontakte mit lebendiger Mimik und warmer Stimme. Mit liebevollem Umarmen, zusammen lachen, beim Bier anstoßen und in die Augen schauen. Die Welt da draußen wird unsicher. Kälter und unberechenbarer. Unsere Nerven werden rund um die Uhr strapaziert.
Während dem ersten Lockdown schien häufig die Sonne, es war Frühling, die Tage wurden länger und die Natur erwachte. Jetzt kommt der Winter. Das schlägt doppelt auf die Stimmung. Der Ton wird aggressiver. Ob im Supermarkt, wenn jemand sich in die falsche Schlange stellt oder auf dem Wochenmarkt, wenn der Nachbar sieht, dass deine Maske verrutscht. Die Stimmung kippt.
Eine Mutter im Bekanntenkreis schimpft Anfang April 2020 mit mir. Sie findet uns paranoid, da wir uns an die Kontaktbeschränkung halten. Monate später – im November 2020 – ändert sie ihre Meinung und sagt voraus, dass unsere Kinder den Tod ins Haus holen, wenn sie sich mit einem Haushalt verabreden. Obwohl das offiziell erlaubt ist.
Sprichst du vor anderen Menschen das Thema Corona an, begibst du dich auf sehr dünnes Eis.
Auf Eis, das jeden Moment direkt vor deinen Augen einbricht. Selbst dann, wenn du – wie ich – mit deiner Meinung eher dazwischen stehst.
Kürzlich wurde ich scharf kritisiert, da ich Sorge vor der Impfung gegen SARS-CoV-2 geäußert habe. Verkünde ich dagegen, dass ich mich als Erste impfen lasse, gibt es Menschen, die mich als dumm und naiv bezeichnen.
Spürst du auch, dass du es gerade niemandem mehr Recht machen kannst? In einer Instagram Story berichte ich im Frühling 2020, dass ich mich über geplante Lockerungen freue.
Eine Abonnentin, welche seit Jahren meine Beiträge liest und mir lauter Herzchen unter meine Fotos postet, schickt mir eine böse Nachricht. Dass die Maßnahmen noch nicht streng genug sind und ich das Virus verharmlose.
Anschließend entfolgt sie mich. Dabei habe ich großen Respekt vor dem Virus und mache mir ebenfalls Sorgen. Aber ich mache mir auch Gedanken über Existenzen, die mit geschlossenen Restaurants und ausgestorbenen Hotelbetten zusammenhängen.
Zwischen fröhlichen Partymachern und ängstlichen Maskenträgern scheint es nur wenige Abstufungen zu geben.
Menschen, die Panik bekommen, wenn sie vergessen haben, den Wagen vom Supermarkt zu desinfizieren. Die anderen, die lediglich die Sorge haben, sich beim Bier mit drei Haushalten erwischen zu lassen.
Das Problem ist, dass die Krise uns alle dünnhäutiger macht. Die Sorge um den Arbeitsplatz, Angst vor schwerer Krankheit und Bedenken wegen unserer Angehörigen, die vorerkrankt sind.
Ich versuche jeden Menschen ernst zu nehmen. Die Lage ist ernst. Wer Personen als Spießer darstellt, die gern ihre Masken tragen, mag sich keine realen Reportagen aus Krankenhäusern anschauen.
Wer sich nur mit alternativen Medien beschäftigt, mag kein Verständnis für die Sorgen seiner Mitmenschen haben.
Das Thema Corona entwickelt sich ständig weiter. Ich fühle mich bei der Flut von unterschiedlichen Informationen selbst oft unsicher. Es muss in Ordnung sein, Zweifel zu äußern.
Mir hilft es, Menschen mit unterschiedlichen Meinungen anzuhören. Verstehen, wieso sie bestimmte Ansichten haben.
Du kannst andere nicht überzeugen, wenn du sie von vornherein als Angsthasen, Mitläufer oder Coronaleugner bezeichnest, ohne zu wissen, was tief in ihrem Inneren vorgeht.
Eine Bloggerin erzählt in einer Instagram Story, dass sie auch nach der Krise für eine Maskenpflicht ist, da wir dann weniger schwere Grippefälle haben.
Ich denke darüber anders als sie. Allerdings finde ich, dass die junge Frau ein Recht auf ihre Meinung hat. Die Wahrheit liegt – wie so oft im Leben – sowieso meist dazwischen.
Es ist eine harte Zeit. Doch vergesst bitte nicht folgendes: Wenn Gesundheitssysteme und Wirtschaft immer mehr zusammenbrechen, dann braucht ihr vor allem eins: Eure Freunde.
Elischeba
Folge mir auf Instagram und Facebook, damit wir in Verbindung bleiben.
Wenn du Reisevideos liebst, dann abonniere meinen YouTube Kanal ElischebaTV.
Deine psychologischen Artikel lese ich am liebsten. Selten so eine ausgeglichene Ansicht gelesen. Toll geschrieben, wie immer!
Autor
Och Danke, das freut mich aber, liebe Agnes! Solche Artikel schreibe ich auch mit Leidenschaft – sehr spontan und schnell – so wie meine Gedanken gerade fließen, so haue ich es in die Tasten.
Oh ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Ich wurde auch auf Facebook entfreundet. Dabei habe ich nichts gegen Menschen mit anderer Meinung. Ja, man darf sogar gern mit mir befreundet sein, wenn man anders denkt als ich!
Autor
Ja, das sehe ich ähnlich, liebe Instalady!
Oh ja – würde ich sofort unterschreiben. Kürzlich wurde eine Frau im Supermarkt angeschrien, weil sie den Einkaufswagen vergessen hat. Nicht von der Verkäuferin – von anderen Kunden.
Autor
Hallo liebe Sabine,
ja, da steckt oft viel aufgestauter Frust dahinter. Sorge, Unsicherheit und Unzufriedenheit mit der ganzen Lage. Das lassen einige leider bei ihren Mitmenschen aus.
Liebe Grüße von Elischeba
Das Problem ist auch immer das WIE. Zu schreiben, dass man Demonstranten Atemnot auf der Intensivstation wünscht, wie du bei Kontakten gelesen hast, zeigt, dass man selbst auch nicht besser ist. Sachlicher wäre: Ich sehe die Demonstrationen kritisch, weil …. dann bitte auch gute Gründe aufführen, nur so kann man diskutieren.
Autor
Genau – sachlich miteinander zu reden ist immer das Beste! Das funktioniert nur, wenn man Andersdenkende ernst nimmt.
Hallo Elischeba,
es ist schon eine „ganz schön bunte Truppe“, die derzeit „draußen“ rumläuft! 😉 … sowohl im Netz als auch im realen Leben! Ich hab da schon die skurilsten Typen und seltsamsten Ansichten erlebt. … und gerade die Corona-Pandemie wirkt wie ein „Brennglas“!
Ich kann die Ängste und auch die Skepsis der Leute durchaus verstehen. Der Corona-Virus rüttelt an unseren liebgewonnenen Gewohnheiten und fordert uns heraus . … insbesondere unsere Geduld, unser Durchhaltevermögen und er verlangt Eigenverantwortung von jedem von uns.
Als studierter Wissenschaftler halt ich mich an Daten und Fakten. Und ich weiß, dass der Erkenntniszuwachs immer in Phasen verläuft. Unser Wissen über den SARS-CoV-2-Virus ist noch lange nicht vollständig. Jeden Tag kommen neue Erkenntnisse dazu.
Deshalb kann ich unqualifiziertem „Geschwurbel“ und seltsamen Verschwörungstheorien genausowenig abgewinnen, wie übertriebener Hysterie und Panikmache.
Mit solchen Leuten kann man sich trefflich streiten … wenn man die Zeit dazu hat … aber mir ist meine Zeit dafür zu schade.
Ich entwickle aus der Vielzahl der Informationen, die ich mir seit Beginn der Pandemie aus den unterschiedlichen wissenschaftlichen Quellen besorgt habe, meine eigene und höchstpersönliche Risikostrategie. … und die heißt: 1. Abstand halten, 2. Maske tragen, 3. Kontakte auf ein Minimum reduzieren. … Ich will und werde diese Sch…Krankheit Covid-19 NICHT bekommen !! 🙂
Autor
Wäre mir auch wichtig, dass du kein Corona bekommst, Reinhard!🙂
Dann mach weiter so. Alles Gute.
Klasse geschrieben, liebe Elischeba. Leider ein paar Monate später noch aktueller, als damals! 🙁